Wie wir in einem anderen Artikel bereits erläutert haben, wird die grundsätzliche Rahmengebühr gemäß 2300 VV RVG durch weitere Gebührenvorschriften eingeschränkt. Eine Einschränkung, welche den Rahmen 0,5 bis 2,5 der 2300 VV RVG konkret beschränkt, ist 2301 VV RVG. Für ein Schreiben einfacher Art wird aus der Rahmengebühr eine Festgebühr mit dem Satz 0,3. Liegt demnach ein Schreiben einfacher Art im Sinne der 2301 VV RVG vor, ist ausnahmslos eine Gebühr mit 0,3 anzusetzen.
2301 VV RVG – Was ist ein Schreiben einfacher Art?
Die Anmerkung in der Gebührenvorschrift 2300 VV RVG konkretisiert den Begriff des Schreibens einfacher Art: Demnach muss es sich um ein Schreiben handeln, welches weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält.
Das Schreiben einfacher Art ist jedoch nur eines von zwei Tatbestandsmerkmal der Gebühr 2301 VV RVG – gehen wir die Voraussetzungen Schritt für Schritt durch.
Zunächst muss ein Auftrag des Rechtsanwalts vorliegen. Eine Gebühr nach 2301 entsteht, wenn der Auftrag des Anwalts auf Tätigkeiten gemäß Nr. 2301 VV RVG beschränkt ist. Übersteigt der Auftrag des Anwalts die Vorgaben der 2301 VV RVG, so ist seine Tätigkeit nach 2300 VV RVG abzurechnen. Bei der Prüfung, welche Gebührenvorschrift im Einzelfall anwendbar ist, muss also der Auftrag herangezogen werden. Auf den Umfang der Tätigkeit des Anwalts kommt es dagegen nicht an.
Nachdem geprüft wurde, ob ein entsprechender Auftrag des Rechtsanwalts vorliegt, richtet sich unser Blick auf die Art des Schreibens. Hier gibt es zwei Fragen:
Werden in dem Schreiben schwierige rechtliche Ausführungen gemacht?
oder
Enthält das Schreiben größere sachliche Auseinandersetzungen?
Wenn eine dieser beiden Fragen mit „ja“ beantwortet werden kann, liegt kein einfaches Schreiben im Sinne von 2301 VV RVG vor. Es ist zudem möglich, dass die Umstände mit schwierigen rechtlichen Ausführungen oder größeren sachlichen Auseinandersetzungen verbunden sind. So können auch Kündigungsschreiben eine Gebühr nach 2300 VV RVG auslösen, wenn es entsprechend ausführliche sachliche Auseinandersetzungen mit dem Sachverhalt gab.
Nicht selten stecken hinter einem scheinbar einfachen Schreiben umfangreiche rechtliche Auseinandersetzungen. Aus diesem Grund nahm der Gesetzgeber in der Anmerkung zu 2301 VV RVG nicht nur Bezug auf die rechtlichen Ausführungen, sondern nannte auch größere sachliche Auseinandersetzungen als Ausschlusskriterium des Entstehens dieser Gebühr. Es kommt also nicht alleine auf die Angabe von Normen in einem anwaltlichen Schreiben an; den arbeitsintensiven sachlichen Auseinandersetzungen wird entsprechend Rechnung getragen.
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Wer ist Adressat des Schreibens?
Unerheblich ist bei der Anwendung von 2301 VV RVG, an welchen Adressaten sich der Schriftsatz richtet: sowohl Privatpersonen als auch Behörden kommen infrage. Ebenfalls ist unerheblich, ob es sich bei dem Schreiben um ein Formular oder ein frei formuliertes Schriftstück handelt, da auch ein Formular eine weitergehende Mühe kundgeben kann. Insbesondere kann die Erstellung eines Formulars für den Anwalt erhebliche Mühe bedeuten.
Gerne wird die Länge eines Schreibens als Beurteilungsmaßstab gewählt. Nach der Logik „langes Schreiben = Geschäftsgebühr nach 2300 VV RVG“ müsste die Angabe von Vorschriften oder die Wiedergabe ihres Inhalts stets über das Maß einer Gebühr nach 2301 VV RVG hinausgehen. Tatsächlich gibt die Länge eines Schreibens nur einen Anhaltspunkt, stellt aber kein entscheidendes Merkmal dar. Im Einzelfall muss das Schreiben dahingehend überprüft werden, ob die Ausführungen des Anwalts eine Tätigkeit vermuten lassen, welche über 2301 VV RVG hinausgehen.
In keinem Fall kann dabei ein Gespräch eine Gebühr nach 2301 VV RVG auslösen. Der Gesetzgeber spricht hier ausdrücklich von einem „Schreiben“. Für die Ausarbeitung eines Gutachtens, einen schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, ist § 34 RVG anzuwenden. In diesen Fällen findet kein Rückgriff auf Nr. 2301 VV RVG statt; vielmehr soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Ebenso kann diese Gebühr nicht für ein Schreiben an den Auftraggeber berechnet werden.
Mehrere Schreiben einfacher Art
Fertigt ein Rechtsanwalt mehrere Schreiben einfacher Art für seine Mandantschaft an, so liegt kein Fall der Nr. 2301 VV RVG vor. Diese Gebührenvorschrift kann nur in Fällen zum Einsatz kommen, in denen ein Schreiben einfacher Art gefertigt wird und nicht mehrere Schreiben einfacher Art. Entscheidend ist der Auftrag des Rechtsanwalts, der hier nicht umsonst unser erster Prüfungsschritt ist.
Wird der Anwalt für die Anfertigung eines einfachen Schreibens beauftragt, fertigt er dieses an und damit ist der Auftrag erledigt. Eine 0,3 Gebühr gemäß 2301 VV RVG entsteht. Erhält er seitens der Mandantschaft einen neuen Auftrag zur Anfertigung eines einfachen Schreibens, wiederholt sich dieser Vorgang. Wenn jedoch der Anwalt mehrere Schreiben einfacher Art fertigt, so ist der Rahmen von 2301 VV RVG überschritten und es entsteht eine Geschäftsgebühr gemäß 2300 VV RVG.
Bei der Anwendung dieser Vorschrift ist die Anrechnungspflicht nach VV Vorbemerkung 2.3 Absatz 4 RVG zu beachten, wenn ein Rechtsanwalt aufgrund derselben Forderung später einen Prozessauftrag erhält. Die vollständige, aktuelle Fassung der VV RVG können Sie hier einsehen.